Der Nocebo Effekt in der SAMSON Studie

Die menschliche Psyche ist ja bekanntermaßen zu vielem fähig. Gut bekannt ist z.B. der Placebo Effekt, d.h. jemand wird mit einem Scheinmedikament (also eine Tablette ohne Wirkstoff) behandelt und erfährt trotzdem eine Besserung seiner Beschwerden.

Die Nocebo Effekt ist quasi das Gegenteil – es wird mit einem Scheinmedikament behandelt, aber anstatt Linderung geht es dem Patienten schlechter, er verspürt zum Beispiel Nebenwirkungen.

Die SAMSON Studie hat nun untersucht, inwiefern es einen Nocebo Effekt bei der Einnahme von Statinen (Blutfettsenker) gibt. Diese Fragestellung ist relevant, weil viele der Patienten das Statin aufgrund von Nebenwirkungen wieder absetzen, obwohl dies in klinischen Studien nicht der Fall war.

Die Studie hatte drei Behandlungsarmen: 4 Monate Statine, 4 Monate Placebo und 4 Monate gar keine Behandlung. Jeder einzelne der insgesamt 60 Teilnehmer durchlief alle drei Phasen in einer zufälligen Reihenfolge, ohne zu wissen, ob es sich bei der Tablette um das Statin oder um Placebo handelte.

Um in die Studie eingeschlossen zu werden, mussten die Patienten zuvor eine Statinbehandlung begonnen haben und in den anschließenden zwei Wochen Nebenwirkungen verspürt haben.

Während der Studie erfassten die Patienten täglich mittels einer App ihre Beschwerden auf einer Skala von 0 (keine Beschwerden) bis 100 (stärkste Beschwerden).

Im Mittel gaben die Teilnehmer im Falle der Statin-Behandlung einen Schweregrad von 16,3 an, bei Placebo 15,4 und in der behandlungsfreien Zeit 8,0. Aus diesen Werten errechnete die Arbeitsgruppe die sogenannte Nocebo Ratio. Diese lag überraschenderweise bei 90%. Das bedeutet, dass 90% der vermeintlich auf die Behandlung mit dem Statin zurückzuführenden Nebenwirkungen auch unter Placebo aufgetreten sind.

Im folgenden wurden die Patienten über die Hintergründe der Studie aufgeklärt und die Hälfte der Patienten konnte sechs Monate später zu einer Wiederaufnahme der Statin-Therapie motiviert werden.

In diesem Zusammenhang ist es jedoch wichtig festzuhalten, dass die Beschwerden trotzdem real sind und keine Einbildung – wie man vermuten könnte, da ja kein Wirkstoff in den Körper gelangt. Daher müssen die Patienten in jedem Fall mit ihren Beschwerden ernst genommen werden. Aus Sicht der Studienleitung ist ohnehin die Kommunikation mit dem Patienten sehr wichtig und kann auch helfen, den Nocebo Effekt zu vermeiden, in dem von vorneherein darüber aufgeklärt wird, wie unwahrscheinlich gewisse Nebenwirkungen sind und wie selten sie auftreten.

  1. https://www.kardiologie.org/aha-kongress-2020/lipidstoffwechselstoerungen/statin-nebenwirkungen-sind-meist-ein-nocebo-effekt-/18588582

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